29.07.2014 / 15:51 Uhr

Marc Gore über seine frühen, späten und zukünftigen Werke und sein Leben als Einsiedler

Marc Gore wurde 1974 in Bremen geboren. Der Horrorfilm- und Metalliebhaber erregte Aufsehen durch seine blutigen Kurzgeschichten, die in mehreren Anthologien veröffentlicht wurden. Nun publizierte der Autor zwei eigene Geschichtensammlungen.

Hallo Marc, nach einer längeren Pause hast du ab 2010 viele Beiträge zur „Dunkle Seiten“-Reihe (Twilight-Line Verlag) veröffentlicht und bist seit 2012 an vielen Fronten aktiv: Neben „Dunkle Seiten“ wurden deine Geschichten in „Mängelexemplare“ (Twilight-Line), „Horror-Legionen“ (Amrun Verlag) und in einer „XUN-Fantastische Geschichten“ Ausgabe (#30) veröffentlicht. Zudem hast du zwei komplett eigene Anthologien veröffentlicht („The Terror Compilation“, 2012; „Grindhouse Splatter“, 2014). Außerdem kann man dich bald in einigen Horrorfilmen als Darsteller sehen. Wie fühlt es sich an, so aktiv in der Splatterszene zu sein?

Es fühlt sich großartig an, Mann! Die Horrorszene ist wie eine große Familie. Man tauscht sich untereinander aus, solidarisiert sich im ständigen Kampf gegen staatliche willkürliche Zensur, und, und, und.

Deine Geschichten sind immer blutig und kompromisslos. In unseren Augen ist die besondere Stärke aber, dass sie völlig unterschiedlich sind, mal ernst, mal lustig, mal realistisch, mal fantastisch – wie kommst du zu den Ideen dafür?

Kennst du diese Horrorepisodenreihen der seligen 80er? „Monsters - Bis das Blut gefriert“, „Geschichten aus der Gruft“, „Geschichten aus der Schattenwelt“? Die liefen früher auf Sat 1 und RTL Plus hoch und runter. Sowie die „Gespenster Geschichten“-Comics. Die brachten immer unzusammenhängende kurze Stories. Na ja, und von den ganzen Kino-Klassikern ganz zu schweigen. Irgendwo bleibt da immer was haften, was man zu einem eigenen Brei zusammen rühren kann. Ein Brei aus Leichenteilen und Körpersäften, har har.

Du beziehst dich oft auf Filme, viele deiner Geschichten erinnerten uns an große und kleine Klassiker des Splattergenres. Aber liest du auch viele Horrorbücher?

Früher hab ich Short Stories von Stephen King und auch Edgar Allan Poe gelesen. Und viele Heftromane. Kommt heute hin und wieder noch vor. Aber ich liebe es am Meisten, in bizarre Filmwelten abzutauchen.

Du schreibst nun schon seit deiner Schulzeit. Erzähl ein bisschen davon! Wie kam es zu den ersten Sätzen und dann den ersten Veröffentlichungen?

Die erste gedruckte Veröffentlichung war die eher harmlose Gruselstory „Kakerlakenfraß“ in einer Schülerzeitung. Was ich danach einreichte, war den Betreibern schon zu bedenklich, har har. Zu sexistisch... Ich glaube, damit war „Blutrache der Geschändeten“ gemeint. Nun ja, später landeten diese Uraltschinken dann ja auch im aufkommenden Internet. Tja, um 2002 gab es eine Anthologie von der Seite „Dunkle Kunst“, in der meine Stories „Two Crude Ones“ und „Nevada Slut Torturers“ zum ersten Mal gedruckt wurden. Mit etwas Glück kann man noch bei Ebay oder sogar Amazon fündig werden. Irgendwann legte ich dann halt einige Jahre Schreibpause ein, weil irgendwie keine Motivation mehr da war bei mir.

Was machst du in deiner Freizeit neben dem Schreiben von Stories?

Halt viele verschiedene Filme vieler verschiedener Genres konsumieren. Die Classics der 60er, 70er ud 80er tun sich dabei besonders hervor. Gilt sowohl für Horror als auch für Action, Thriller, Sci Fi, Fantasy... Ich bin eigentlich ein Kind geblieben, muss ich sagen. Ich daddle gerne wilde Games auf der Konsole, richte mein Leben nach Konzerten und Kinogängen aus. Niemals würde ich mich fest binden oder irgendwelche Bälger in die Welt setzen, die dann ein Klotz an meinem Bein wären. Ich brauche meine persönliche Freiheit, jederzeit tun und lassen zu können, was ich will. Ohne jemandem Rechenschaft abzulegen. Im Grunde die Mentalität eines Einsiedlers...

Du zitierst in deinen Geschichten viele Filmklassiker und beschreibst oft die musikalische Wirkung von älteren Bands wie „Nazareth“, „Slayer“ oder „Deicide“. Doch wie sieht es mit dem neuen Kram aus – gefallen dir die neuen Horrorfilme, Horrorbücher und die neue Metalmusik?

Ich hab mich zwar einige Zeit dagegen gesträubt, aber mittlerweile habe ich auch viele Songs von Metal-und Deathcore-Acts wie Hatebreed, As I Lay Dying... Die sind schön aggressiv, aber die Altmeister des Death Metals sind und bleiben halt für immer die Könige. Deicide und Co werden immer die größte Rolle in meinem Leben spielen. Im Falle Nazareth ist es todtraurig, dass den Sänger Dan diese verdammte Raucherlunge kaputt gemacht hat! Bullshit, Mann! Das neue Album, sein Abschiedsgeschenk, beinhaltet noch ein paar coole Tracks, kann aber natürlich nicht mit den Kult-Scheiben mithalten. Horrorbücher, da schätze ich einige Kollegen sehr, die mit mir in Anthologien veröffentlicht haben. Gerade einen Roman von John Aysa geordert, den ich mir bei nächster Gelegenheit reinziehe. Die „Prinzessin“, he he. Neue Horrorfilme, die Arsch treten, gibt es zuhauf. „Saw“ kann es ganz gut mit den alten „Ilsa“ oder „Men Behind The Sun“ aufnehmen, die Foltersequenzen sind irre intensiv. Gerade hab ich mir den australischen Beitrag „Daddy's little Girl“ bei Filmundo geordert, der soll einfallsreiche Folterungen beinhalten. Mal abwarten. Und die Message darin ist ganz klar gegen verdammte Kinderficker: Ihr verdient es nicht anders, als bei lebendigem Leib zersägt, zerstückel, gefoltert zu werden!

(Hinweis der Redaktion: Der Gewaltfaktor von Daddy's Little Girl liegt in unserer Bewertung bei 10 von 10 Punkten)

Und wie sieht es deiner Meinung nach in Deutschland aus? Gerade im Horrorbereich entstehen viele Anthologien, Romane, aber auch Filme und Musik. Können die Deutschen mit den Amis mithalten oder wird das noch ein langer Weg?

Ha, ein sehr langer Weg, denk ich mal. Erst kommen die Genrevertreter aus England, Spanien, seit einiger Zeit auch verstärkt Frankreich und Italien dran. Iltalien und Spanien haben ja schon immer eine gute Horror/Exploitation/Giallo-Tradition gehabt. Aber bei uns brodelt es im Indie- und Amateurbereich. Olaf Ittenbach ist jedem von uns längst ein Begriff, aber ich drücke die Daumen, dass Deutschland irgendwann eine Nation mit einer soliden Horror-Tradition wird, wenn es weiterhin so gut läuft und immer neue gute Filme entstehen. Unsere Regisseure werden immer mutiger und besser. Musik, OK, wir haben eine Reihe guter 80's Metal Acts- Kreator, Accept, Sodom, Assassin, Protector und so weiter.

„Marc Gore ist in der Horrorszene heftig umstritten“, heisst es im Einband von „Grindhouse Horror“. Wie stehst du dazu?

Har har, mich amüsiert immer prächtig, wenn ich von den Leuten als pervers, verrückt oder geisteskrank bezeichnet werde.

Deine Geschichten spielen so gut wie alle in Amerika. Werden zukünftige Geschichten auch in Europa oder gar Deutschland angesiedelt sein?

Vielleicht eines Tages mal in meinem Lieblingsland Europas. Süden Spaniens oder Portugals. Ich bin jedes Jahr im äußersten Süden Andalusiens unterwegs und ich liebe diese grandiose Atmosphäre dort. Wenn ich in meinem Leben nicht genügend Finanzen zusammen bekomme, um mich in Amiland nieder zu lassen, wäre Malaga ganz sicher meine Wahl, wenn ich hier im kalten Deutschland alle Brücken abbrechen kann. Eines Tages. Vielleicht entsinne ich irgendwann mal eine Story über US-Studenten, die mit Rucksack durch Europa reisen und in Malaga oder Madrid von einem Werwolf attackiert werden... Ha, so was halt. Wäre cool, oder? Aber genau hab ich mir noch keine Gedanken darüber gemacht. Die Stories, die in nächster Zeit anstehen, bleiben erst mal noch vor amerikanischer Kulisse. Australien kann ich mir auch gut vorstellen.

Was willst du als nächstes machen? Kommt vielleicht ein ganzer Roman nach Gore´scher Art oder vielleicht sogar etwas abseits des Splattergenres?

Abseits des Splattergenres schon eher als ein Roman. Bei „Fear“ etwa im „Grindhouse Splatter“ hab ich ja schon auf ausufernden Splatter verzichtet als kleines Experiment.

Die Geschichte war gut, schön ironisch. Wir sind auf jeden Fall gespannt auf die kommenden Schriftstücke! Gibt es noch etwas was du unseren Lesern sagen willst?

Horrorfans sind die treusten. Sie organisieren sich auf Fantasyfestivals, supporten sich durch Zines und Websites, und das ist gut so! So werden wir immer eine starke Gemeinschaft bleiben, die sich gegen staatliche Zensurmaßnahmen zur Wehr setzt.

- Wir bedanken uns für das Interview!
Marc Gores Anthologien sind auf Amazon.de erhältlich.