Frankenstein

Originaltitel:
Frankenstein; or, the Modern Prometheus
Autor:
Mary Shelly
Genre:
Horror
Umfang:
278 Seiten
Release:
1818; 00.04.2006 (Reclam Bibliothek Leipzig)
Verlag:
Reclam Bibliothek Leipzig

Die Romantik des 19. Jahrhunderts bildet die Grundlage für heutige Horrorfilme, -Literatur und sonstige -Kunst. Ihre Verflechtung mit Ängsten vor der Modernen Welt und Mythen aus dem Mittelalter hat den Geist der Zeit getroffen und sich als künstlerisches Konzept bis jetzt bewahrt. Eines der wichtigsten Bücher dieser Kulturepoche ist Frankenstein.

Victor Frankenstein, ein junger Naturwissenschaftler, will einen lebenden Menschen erschaffen. Dabei kommt sein Monster heraus, das flüchtet und auf eigene Faust zu überleben versucht. Eine Jagd beginnt, das Monster und der Mensch wechseln sich in ihrer Täterrolle ab. Nicht nur das Leben, sondern auch die große Liebe Frankensteins ist in Gefahr.

Das Geschehen wird in Form von Briefen erläutert, diese lesen sich aber so flüssig, dass der Unterschied zu einer moderneren Erzählweise marginal erscheint. Das hohe Alter des Buches bemerkt man so gut wie gar nicht, durch die einfache, klare Sprache liest es sich wie ein aktueller, anspruchsvoller Roman. Gegen Ende zieht sich dann das Geschehen etwas in die Länge, aber das kann man dem Werk verzeihen.
Wichtig ist anzumerken, dass der Verlauf der Originalgeschichte um einiges anders gestaltet ist als im Film. Daher sollten Fans des Filmes „Frankenstein“ (1931) zum Buch greifen; die Geschichte ist hier eine etwas andere.

Horror in Form von vielen Schockmomenten oder blutigen Passagen sollte man hier weniger erwarten. Man muss sich auf das Werk einlassen, um es voll genießen zu können. Es ist stark, aber nicht ganz so leicht zugänglich.
Frankenstein beschreibt die Angst vor der modernen Wissenschaft – den Folgen, die das moralisch fragwürdige Forschen haben könnte. Die Situation des Protagonisten und seiner Verlobten ist zudem immer angespannt und von äußeren Faktoren bedroht, die Angst, eine junge Liebe könnte abrupt zu Ende gehen, wird behandelt. Dazu paaren sich die Kapitel in denen das Monster seine Geschichte erzählt, seine Einsamkeit und Desorientierung in einer Welt, aus der es letztendlich keinen Ausweg gibt, schildert. Auch die Schuldgefühle des Erschaffers spielen eine große Rolle. Das Zusammenführen dieser einzelnen Elemente ergibt ein schauriges, in Teilen auch deprimierendes Werk.

Der Spannungsgrad, der mit jeder Seite zunimmt, funktioniert einwandfrei. Spätestens wenn Frankenstein für sein Monster ein zweites Erschaffen will, um es aus der Einsamkeit zu befreien, ist es schwierig, das Buch aus der Hand zu legen. Die düstere Atmosphäre tut ihr Übriges, um das Werk auszuschmücken. Dass einige Passagen in die Länge gezogen wurden, moderne Schockeffekte ausbleiben und das Monster nicht mehr für jeden furchteinflößend sein mag, sollte man nicht so stark ins Gewicht nehmen. Frankenstein ist mehr als solide, durch und durch schön ausgearbeitet und ein großartiger Grundstein für folgende Horrorkunstwerke. Das Werk ist nicht so originell wie „Dracula“ und auch nicht so psychologisch wie „Das Bildnis des Dorian Gray“, ist in seinem Verlauf dafür sehr sauber und kann die einzelnen Handlungsstränge sehr gut miteinander verbinden. Daher gilt auch nach fast 200 Jahren immer noch eine klare Leseempfehlung, vor allem, da nun eine neuer Ableger, „I, Frankenstein“, erscheinen wird.